CARL FRIEDRICH SEIFFERT (1809 Grünberg/Schlesien - Berlin 1891) – Die Blaue Grotte auf Capri (Pergola with a view of Castel Nuovo and Mount Vesuvius)
„Von dieser Grotte haben sie alle geträumt, und wahrlich, es konnte der Preis ihrer Auffindung auch nur einem Maler und Dichter zukommen, aus der Zeit derer, welche die blaue Wunderblume der Poesie suchten bei den Undinen in der Tiefe“, so kommentierte Ferdinand Gregorovius die Wiederentdeckung der Blauen Grotte (Die Insel Capri, Leipzig 1880, S. 75). Fast meint man, der Fund, der einer Sensation gleichkam, hätte sich nur in der Epoche der Romantik ereignen können. Tatsächlich schienen alle Parameter erfüllt, die man gemeinhin mit der Romantik in Verbindung brachte: bizarr und geheimnisvoll, erleuchtet und düster, entrückt und doch erreichbar ist die Blaue Grotte, und nicht zuletzt gleicht ihre Farbigkeit Novalis‘ „Blauer Blume”.
Im Sommer 1826 hatte August Kopisch in Begleitung seines Malerfreundes Ernst Fries jene sagenumwobene Meeresgrotte aufgespürt; ihm war dabei als schwimme er „im unabsehbaren blauen Himmel.“ Was folgte, war ein bis heute anhaltender Strom von Touristen, die in einer Kolonne kleiner Boote in geduckter Haltung unter dem nur knapp eineinhalb Meter hohen Höhleneingang hindurchgleiten. Nur wenige Künstler der Romantik setzten sich mit dem einzigartigen Licht- und Farbenspiel der „Grotta azzura“ auseinander, weil die bildnerische Umsetzung dieses Naturphänomens einiges Geschick verlangte – Carl Friedrich Seiffert wagte den Versuch gleich mehrmals. Von ihm sind fünf Fassungen bekannt, die ab den späten 1840er Jahren bis an sein Lebensende entstanden. Eine größere, signierte Fassung aus dem Jahr 1860 hängt in der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin; in der Berlinischen Galerie befindet sich eine weitere Version, deren Entstehungsdatum auf 1861 geschätzt wird. Darüber hinaus ist eine aquarellierte Vorstudie in der Graphischen Sammlung der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg verzeichnet („1861?“). Eine weitere Komposition in Öl aus der Studiensammlung von Walter Grzimek (wohl Boetticher Nr. 71) wird von Börsch-Supan ebenfalls mit einem Fragezeichen auf 1861 datiert. Für ein früheres Entstehungsdatum unseres Bildes spricht die abweichende Lichtführung und der „sonnenscheibenartige“ Grottenausgang, und allgemein der romantischere Bildcharakter. Somit könnte es sich um die Erstfassung handeln, die im Februar 1850 auf der Achtzehnten Kunst-Ausstellung in Hannover präsentiert wurde.
Mit einem schriftlichen Gutachten von Professor Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, vom 3.10.2014 (in Kopie).
Wohl Boetticher 31.
Ausstellung:
Wohl Achtzehnte Kunst-Ausstellung, Hannover 1850, S. 30, Kat.-Nr. 291.
Provenienz:
Wohl Graf Georg Herbert zu Münster (1820-1902), „Bismarcks unbotmäßiger Botschafter“;
Grisebach, Berlin, Auktion, 31.5.2017, Los 111;
seitdem in Privatbesitz, Baden-Württemberg.