Das Gemälde zählt zu denjenigen, die uns Rätsel aufgeben, was die Deutung der Darstellung betrifft. Die Malerei des italienischen Manierismus hat etliche solcher Beispiele geliefert, bei denen Sprichwörter, allegorische Redewendungen oder philosophische Gedankeninhalte bildlich dargestellt wurden. In dieser Tradition scheint auch diese Darstellung geschaffen zu sein. Verrätselung gehörte zu jener Raffinesse, mit der sich der wissende Auftraggeber auszuzeichnen suchte. Anders wäre der Bildgegenstand hier nicht zu erklären: Drei Kleinkinder stehen auf einem liegenden antiken Steinrelief, das ein Gesicht mit entsetztem Blick zeigt. Zwischen den Beinen der Putti schlängelt sich ein Triton-ähnliches, dunkles Meereswesen mit großem Kopf, geöffnetem Maul und schlangenartigem Körper, der die Beine umgreift. Eines der Kinder hält die Faust erhoben, bereit zum Schlag gegen den Kopf des Triton. Ein weiteres Knäblein, kraftlos hängend dargestellt, wird von der stehenden Figur gestützt, die hilfesuchend in die Ferne nach links blickt. Bislang muss offen bleiben, was mit dem antiken Relief, aber auch mit dem Meeresungeheuer gemeint ist. Möglicherweise geht die Darstellung auf eine nicht mehr präsente literarische Idee zurück. Verrätselte Darstellungen finden sich auch bei Annibale Carracci (1560-1609), bei dem Salvi in Rom studiert hatte, wie etwa dessen „Allegorie von Wahrheit und Zeit“ von 1584. In dessen Kreis wirkte auch Guido Reni (1575-1642), bei dem Salvi ebenfalls lernte.
Die Malweise, mit klar konturierten Figuren, vor allem die anmutige Wiedergabe der Putti, ist typisches Merkmal für Gemälde des Künstlers. Seine Weiterführung der Raphael-Tradition spricht aus seinem Werk, ein Ergebnis seines Aufenthalts in Rom. Die Wiedergabe von Kindern, wie in seinen zahlreichen Madonnenbildern, zeigt stets hohe Einfühlungsgabe in das kindliche Wesen und Verhalten. Auffallend ist für das Werk von Salvi, dass er in zahlreichen Bildern - wie auch hier - die Lapislazuli-Farbe verwendet hatte. Dies weist auf hochrangige Auftraggeber hin, war doch dieses Malmittel höchst kostspielig. Den nämlichen blauen Hintergrund finden wir auch in seinem bekannten Selbstbildnis. A.R.
Literatur:
Das Gemälde ist besprochen und farbig ganzseitig abgebildet in:
Massimo Pulini, Federica Facchini (Hrsg.), Salvifica, Il Sassoferrato e Nicola Samori, tra rito e ferita. Rassegne internazionale d´arte premio G.B. Salvi, Sassoferrato 2022, S. 68-69.
Scott Nethersole und Helen Howard, Sassoferrato and a „beautiful little work“ in the National Gallery London, in: The Burlington Magazine, Bd. 152, 2010, S. 376-384.
Francis Russell, Sassoferrato and his sources. A study of seicento allegiance, in: The Burlington Magazine. Bd. 119, 1977, S. 694-700.
Cecilia Prete (Hrsg.), Sassoferrato „pictor virginum“. Novi studi e documenti per Giovan Battista Salvi, Ancona 2010.
Massimo Pulini (Hrsg.), Il Sassoferrato. Un preraffaellita tra i puristi del seicento, Mailand 2009. (1432094) (11)
Giovanni Battista Salvi,
also known as “Il Sassoferrato”
1609 Sassoferrato – 1685 Rome
TRE PUTTI E UN TRITONE –
THREE CHILDREN AND A SEAMONSTER
Oil on canvas.
46.5 x 37 cm.
On collection monogram with inventory number on the back of the canvas.
Literature:
The painting is discussed and illustrated on a full page in colour in:
Massimo Pulini, Federica Facchini (ed.), Salvifica, Il Sassoferrato e Nicola Samorì, tra rito e ferita. Rassegne internazionale d’arte premio G.B. Salvi, Sassoferrato 2022, pp. 68-69.
Scott Nethersole, Helen Howard, Perugino, Sassoferrato and a “beautiful little work” in the National Gallery, London, in: The Burlington Magazine, vol. 152, 2010, pp. 376-384.
Francis Russell, Sassoferrato and his sources. A study of seicento allegiance, in: The Burlington Magazine, vol. 119, 1977, pp. 694-700.
Cecilia Prete (ed.), Sassoferrato “pictor virginum”. Novi studi e documenti per Giovan Battista Salvi, Ancona 2010.
Massimo Pulini (ed.), Il Sassoferrato. Un preraffaellita tra i puristi del seicento, Milan 2009.