WILLI BAUMEISTER (1889 - Stuttgart - 1955) – „Schwarz über Weiss (Sterbender Schwan)“ ("Merzzeichnung 48 (windmill)")
• Bedeutendes Beispiel der zwischen 1938 und 1941 entstandenen „Eidos-Bilder“
• Aus einer Gruppe von ursprünglich vier Gemälden, die sich mit diesem tänzerischen Thema befassen
• Aus der Sammlung der Frankfurter Galeristin Hanna Bekker vom Rath
„(…) eine Kunst, die aufbauend, schöpferisch und prophetisch ist.“
Sir Herbert Read über Willi Baumeister
Die malerische Entwicklung Willi Baumeisters wird mit dem Verlust seiner Professur in Frankfurt 1933 nicht unterbrochen. Er beginnt nun, sich zunehmend mit schwebenden abstrakten Formen zu beschäftigen. Die prähistorischen Felsmalereien in der spanischen Levante und in Altamira faszinieren und inspirieren ihn. Aus seiner Hinwendung zu Goethes Vorstellung von Urpflanzenformen heraus entstehen ab 1938 die gestalt- und farbreichen Eidos-Bilder, so genannt nach dem griechischen Wort für Idee oder Urbild. Die Gruppe zeichnet sich durch ihre große Vielfalt an Strukturen und Farbschattierungen aus. Der Aufbau der Werke ähnelt sich häufig: Ein zentrales Gebilde, zusammengesetzt aus verschiedenen amorphen Formen, wird von einer Art Himmel mit wolkenähnlichen Strukturen gekrönt. Dabei malt Baumeister auch hier in Serien, wiederholt Themen und Motive. Auch vom „Sterbenden Schwan“ gibt es ursprünglich vier Varianten, von denen zwei vernichtet werden. Will Grohmann schreibt zu diesen Bildern: „Der Grad des Tänzerischen ist in den einzelnen Fassungen verschieden, aber die Intensität, mit der die mittlere Figuration die Erinnerung an Anna Pawlowa in dieser Rolle (des sterbenden Schwans) wachruft, ist dieselbe. Es bleibt ein Geheimnis, wie der Maler von zwei Seiten her zu seiner überzeugenden Identifikation kommt, von der Logik der Formerfindung her und der Schritt für Schritt sich einstellenden Assoziation. Ob Baumeister den Tanz gesehen hat, (…) ist dabei unerheblich: sein Bild enthält den Mythos des klassischen russischen Balletts.“
Willi Baumeister schenkt das Gemälde 1951 seiner Galeristin Hanna Bekker vom Rath. Die beiden kennen sich schon seit den 1920er Jahren. Baumeister zeigt seine innige Verbundenheit, indem er die Widmungen an Hanna auf der Rückseite des Bildes mit einem Herz umrandet.
Verso mit verschiedenen Etiketten und handschriftlichen Bezeichnungen sowie kleinem Zollstempel.
Beye/Baumeister 910.
Literatur:
Grohmann, Will, Willi Baumeister. Leben und Werk, Köln 1963, Nr. 593.
Ausstellung:
Willi Baumeister, Paul Fontaine, Heinrich Wildemann, Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, Frankfurt/Main 1947, Nr. 11 der Ausstellungsliste im Archiv Baumeister;
Willi Baumeister. Gemälde, Zeichnungen, Graphik, Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, Frankfurt/Main 1961, Kat.-Nr. 3;
Willi Baumeister – Das Unbekannte in der Kunst, Oldenburger Kunstverein, Oldenburg 1961, Kat.-Nr. 2;
Deutsche Kunst von 1910 bis zur Gegenwart, Goethe-Institut, Saloniki u.a. 1962/63, Kat.-Nr. 2;
Moderne Malerei – Frankfurter Privatbesitz, Frankfurter Kunstverein, Frankfurt/Main 1963, Kat.-Nr. 2, mit Abb.;
Wallraf-Richartz-Museum, Köln/Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1965, Kat.-Nr. 22, mit Abb. S. 16;
„Privatbesitz Hofheim“ – Sammlung Hanna Bekker vom Rath. Künstler der Brücke, des Blauen Reiter und des Bauhauses, Jahrhunderthalle, Hoechst/Erholungsheim der Bayer AG, Leverkusen 1984/85, Kat.-Nr. 5, mit farb. Abb. S. 161.
Provenienz:
Hanna Bekker vom Rath, Hofheim/Taunus, 1951 als Geschenk des Künstlers;
Hauswedell & Nolte, Hamburg 8./9.6.1995, Los 35, farb. Abb. Tafel 37;
Galerie Schlichtenmaier, Grafenau;
Privatsammlung, Süddeutschland.